Leadership in der New Work Era – Erfolgreich führen in einer hybriden Arbeitswelt
New Work, Transformation
Nach nun zwei Jahren im Homeoffice fällt vielen die Rückkehr ins Büro recht schwer. Wie angenehm war es doch, ohne den langen Fahrtweg und das Nickerchen im eigenen Bett während der Mittagspause. Andere hingegen freuen sich auf die soziale Eingebundenheit mit den Kollegen am Kaffeetresen.
Corona hat nicht nur unsere Medienkompetenz, sondern auch unsere Flexibiliät bezüglich der Arbeitsumgebung erhöht. Die Pflicht, 40 Wochenstunden in den Unternehmensräumen präsent zu sein, ist heute fast nicht mehr haltbar. Zu sehr hat sich gezeigt, dass es auch anders geht. Für Führungskräfte bedeutet dies, neue Leadership-Skills zu entwickeln und sich einer „hybriden“ Arbeitswelt anzupassen, um den Mitarbeitenden trotz Fernarbeit ein Gefühl von Sicherheit, Zugehörigkeit, Sichtbarkeit sowie Möglichkeiten zum Netzwerken zu geben.
Um dafür sinnvolle Methoden zu entwickeln und anzuwenden nützt es, sich im ersten Schritt die jeweiligen Vorteile der unterschiedlichen Arbeitssituationen bzw. Arbeitsorte bewusst zu machen.
Was funktioniert vor Ort im Büro?
Das reale Office hat einen unschlagbaren Vorteil gegenüber jeglicher virtuellen Zusammenarbeit. Die Menschen sind alle an einem physischen Ort versammelt. Zwischenmenschliches ist deutlich einfacher, geschieht ganz organisch und wird intuitiver verstanden. „Es gibt nichts, das nicht auch im digitalen Raum geht. Aber was funktioniert besser?“ Diese Frage hat sich Oktay Tannert-Yaldiz, Inhaber von K16, immer wieder gestellt.
Zwischenmenschlichkeit und Kreativität
Somit lässt sich im Büro ein besonderer Fokus auf die Unternehmenskultur und die persönlichen Beziehungen legen. Dies geschieht ganz automatisch durch ein kurzes „Hallo, wie geht’s?“ an der Kaffeemaschine, ein „Guten Morgen“ auf dem Flur oder ein freundliches Zunicken über den Tisch hinweg. In der Remote-Arbeit passiert es dagegen, dass sich Kollegen, die nicht direkt zusammen arbeiten, teilweise zwei Jahre nicht gesehen haben. Auch gemeinsame Events wie das Freitag-Abend-Feierabendbierchen sind unkompliziert zu organisieren und teamstärkend.
Wenn alle gleichzeitig in einem Raum anwesend sind ist co-kreatives Arbeiten besonders effektiv und angenehm. Dazu zählen beispielsweise Workshops mit Kunden, die Identifizierung von Innovationsthemen oder auch gemeinsame Projektplanung wie eine strategische Entwicklung und deren Operationalisierung. Neben der reinen Informationsvermittlung und den geplanten Inputs öffnet sich außerdem ein effektiver gemeinsamer Raum zum Sinnieren, Brainstormen und kreativ sein.
Wofür ist der digitale Raum geeignet?
Nachdem das Brainstormen, die Planung und Operationalisierung in einem Präsenzmeeting im Büro stattgefunden hat, weiß nun jeder, wie die Ziele aussehen und die Projekte laufen sollen. Dieser wichtige kreative und grundlegende Schritt, ist also erledigt; nun beginnt die Umsetzung.
„‚The real work’ funktioniert im digitalen Raum extrem gut. Nicht das Kommunizieren, Austauschen, E-Mails schreiben, Ressourcen planen und so weiter, sondern die wirkliche Fokusarbeit wie Konzepte erarbeiten, gestalterische Aufgaben oder Texte schreiben. Das geht viel besser zu Hause, wo du nicht diese Hochfrequenz an Ablenkungen hast“, erklärt Tannert-Yaldiz.
Mobiles Arbeiten als Unternehmenskultur
Außerdem entfällt die Zeit zum Pendeln, wodurch sich der Einstieg in und Ausstieg aus dem Arbeitstag wesentlich entspannter gestalten. Das Treffen mit Freunden, der Familienalltag oder sportliche Betätigungen lassen sich so wunderbar in den Tag einbauen. Wahres Work-Life-Blending entsteht.
Bei K16 darf übrigens jeder seinen oder ihren (mobilen) Arbeitsplatz frei wählen. „Wir schicken niemanden ins Homeoffice“, so Tannert-Yaldiz. „Das Büro war immer offen. Aber wir haben gesagt, du kannst arbeiten von wo du willst. Geh dorthin, wo du am besten deine inhaltlichen und gestalterischen Aufgaben erledigen kannst. Das kann zu Hause sein, muss es aber nicht.“
Beiderseitiges Vertrauen
Vor diesem Hintergrund lässt sich auch das Prinzip der Workation fördern. Bedeutet: In dieser Kombination aus Arbeit und Urlaub (Work + Vacation), ist es sogar möglich, drei Monate in Panama, in Paris oder auf einem bayerischen Bauernhof zu leben und trotzdem seinem Job nachzugehen.
„Das war zwar vorher auch schon möglich, aber es war nicht gerne gesehen. Das hat sich grundlegend verändert.“ Oktay Tannert-Yaldiz freut sich über diese Entwicklung, denn sie steigert die Zufriedenheit und Loyalität der Mitarbeitenden. „Wir haben während der Pandemie gelernt, maximal Output-orientiert zu arbeiten. Wenn das Ergebnis da ist, ist es mir als Führungskraft herzlich egal, ob das in Hamburg Ottensen oder in Panama entstanden ist. Das ist Führungskultur und die wichtigste Währung hierbei ist Vertrauen. Für die Mitarbeitenden bedeutet das im Umkehrschluss, dass sie für ihre Arbeit Verantwortung übernehmen und das Vertrauen nicht ausnutzen.“
K16 hat mit diesen Freiheiten sehr positive Erfahrungen gemacht. Die Mitarbeitenden sind konzentrierter bei der Sache, liefern weiterhin hohe Qualität und fühlen sich dem Unternehmen noch stärker verbunden.
Strukturierte Transparenz
Während einer Präsenzpflicht in den Unternehmensräumen herrscht unwillkürlich eine große Transparenz, auch zur Führungsebene. Neben wöchentlichen Update-Runden unkomplizierten Spontan-Meetings bleibt gerade in offen gestalteten Büroräumen mit glasverkleideten Konferenzräumen und Begegnungen auf dem Gang kaum etwas verborgen. Die Mitarbeitenden nehmen wahr, mit wem die leitenden Personen konferieren, welche Präsentationen abgehalten werden und welche Interaktionen generell stattfinden. Im mobilen Büro fällt diese natürliche Transparenz vollkommen weg.
Um diese Offenheit auch im hybriden Arbeitsmodell zu schaffen, ist eine strukturiertere Kommunikation nötig. Damit sich die MitarbeiterInnen nicht isoliert fühlen, sondern weiterhin über die Geschehnisse in der Geschäftsführung informiert bleiben ist es wichtig, Unternehmenszahlen, thematische Entwicklungen oder Aufgaben in regelmäßigen, virtuellen Versammlungen zu kommunizieren. Ebenso bringt eine organisationsweite monatliche Reflexion über den letzten Monat alle auf den neusten Stand.
Kulturpflege an der digitalen Feuerstelle
Neben solch zahlen- und inhaltsorienterten Zusammenkünften sollte es zusätzlich Treffen geben, die rein dem sozialen Faktor dienen. Bei K16 ist dies zum einen die „Digitale Feuerstelle“. Diese Events dauern eine Stunde, haben keine Agenda und jede Person darf ansprechen, was sie möchte. Jegliche Themen finden in der Runde ihren Platz und stärken Austausch und Zusammenhalt enorm.
Dazu gibt es den People&Culture-Roundtable. Hier kann jede Person der Firma teilnehmen und der Personalabteilung Fragen stellen, beispielsweise zu offenen Stellen, Gehaltsentwicklungen oder Recruiting. Auch hier lautet das Motto: maximale Transparenz.
All diese Termine – die Zahlenbesprechungen, die Monatsreflexion, die Feuerstelle und das P&C-Roundtable – werden aufgezeichnet, damit Kolleg:innen, die im Urlaub sind oder krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnten, nicht benachteiligt werden.
Umgang mit Dezentralität
Hybrides und mobiles Arbeiten fördert naturgemäß eine firmeninterne Dezentralität, weil ein gemeinsamer Hauptsitz wegfällt. Diese strukturelle Besonderheit birgt die Gefahr, dass manche Kolleg:innen sich nur noch mit dem eigenen Team oder Leuten, mit denen sie sich sowieso gut verstehen, auseinandersetzen. Solche Inner Circles führen dazu, Wissen und Inhalte ungleich weitergegeben. Es entsteht das Risiko neuer neuralgischer Punkte, in denen Macht- oder Informationsverschiebungen stattfinden können.
Solche Gruppen gibt es immer, auch im Präsenz-Office, die Kunst ist allerdings diesen Circles eine neue Qualität zu geben, um sie in die Unternehmenskultur einzubinden. Das geschieht am besten mit offener Kommunikation und dem Hinweis, dass Wissen anderen nicht vorenthalten werden darf. „Wenn ihr euch eh austauscht, denkt auch mal darüber nach, was die Organisation weiterbringen könnte“, so Tannert-Yaldiz. Auf diese Weise kann eine Führungskraft Inner Circles sogar fördern und zu kreativem Austausch ermuntern – unter der Voraussetzung, dass Informationen und neue innovative Erkenntnisse auch allen anderen zur Verfügung gestellt werden.
Wissen was los ist, dank Social Media
Viele Unternehmen nutzen Social Media zur Stärkung der eigenen Marke. Diese Kanäle lassen sich jedoch gleichzeitig für die Informationsweitergabe innerhalb der Firma nutzen. „Du kannst nicht immer allen alles transparent machen, dann bist du nur noch am Erzählen. Darum nutzen wir Social Media auch als verbindende Plattform“, erläutert Tannert-Yaldiz. Gerade bei einer hohen Mitarbeiter:innenzahl oder mehreren Standorten ist es schön, in einer Rubrik wie beispielsweise unserem Workmate-Monday etwas über eine Mitarbeiterin aus einer anderen Stadt zu erfahren.
Lunch-Dates und Walk&Talk
Wer in der Coronazeit neu in ein Unternehmen eingestiegen ist, fühlt sich womöglich nach zwei Jahren noch wie ein Phantom. So geht es auch der Leitungsebene, die die Person ebenso noch nie live getroffen hat. (Was mal wieder an der fehlenden gemeinsamen Kaffeemaschine liegt.) In solchen Fällen ist es Aufgabe der Führungskraft diese Kolleg:innen direkt anzusprechen und ein gemeinsames Treffen beispielsweise in Form eines Lunch-Dates oder eines Walk&Talk zu initiieren. Selbstverständlich ist das auch eine gute Möglichkeit, den Kontakt zu bestehenden Mitarbeitenden zu halten und mit ihnen einmal wieder jenseits des Business zu sprechen. (Ein lockerer Austausch, der sonst z.B. an der Kaffeemaschine entsteht.) „Sowas muss von der Führungskraft kommen, das ist auch Wertschätzung, dass man gesehen wird. Das schafft wirkliche menschliche Verbindungen, die prägend sind für das Business“, sagt Oktay Tannert-Yaldiz
Die „offene digitale Tür“
Im Office ist die Führungskraft nicht nur beobachtbar, sondern auch ansprechbar. Ist die Tür beispielsweise geöffnet, kann man reinkommen, ist sie geschlossen, möchte die Person ungestört sein. Im digitalen Raum weiß keiner, ob es gerade günstig oder ungünstig ist, anzuklopfen. Aus diesem Grund gibt es bei Oktay Tannert-Yaldiz die „offene digitale Tür“. Jede:r kann ihn immer anschreiben, er meldet sich dann sobald es bei ihm passt. Außerdem ist sein Kalender für alle öffentlich einsehbar und die Mitarbeitenden können ihm selbst einen Termin für ein gemeinsames Gespräch einstellen. Wieder greift hier das Prinzip maximaler Transparenz.
Wie ist das beste Verhältnis von Office und mobilem Büro?
Das ist die große Frage, die zahlreiche Führungspersonen beschäftigt. Wie macht man es richtig? Tannert-Yaldiz ist da pragmatisch: „Es gibt kein Verhältnis. Alles geht auch digital. Im Supermarkt natürlich nicht, da kannst du nicht von zu Hause abkassieren. Aber in unserem Bereich gibt es kein bestes Verhältnis, weil wir digitale Produkte herstellen. Natürlich funktionieren manche Dinge im Büro besser und es wäre schön, wenn das da passiert. Aber für mich ist es viel wichtiger, dass die Menschen an dem Ort arbeiten, wo sie sich wohlfühlen und entspannt sind. Dann verzichte ich diese drei Monate eben auf ein persönliches Business-Lunch und wir holen das nach, wenn sie wieder im Land sind.“
Letztlich ist diese Entscheidung jedoch individuell und abhängig vom eigenen Führungsstil. Je stärker das Bedürfnis nach Kontrolle ist, desto mehr ist Präsenzarbeit wichtig. Je stärker das Vertrauen ist, desto geringer ist die geforderte Office-Zeit, bis hin zu null.
Und natürlich ist die Führungskraft letzendlich immer Vorbild mit ihrer Arbeitsweise. „Ich war seit November zwei Mal im Büro und ich bin deutlich produktiver und zufriedener. Andere sind jeden Tag im Büro, aber sie müssen es eben nicht“, fasst Oktay Tannert-Yaldiz zusammen.
Entscheiden Sie also selbst, an welchem Ort und mit welcher Arbeitsweise Sie sich wohl fühlen