Pyramidales Präsentieren: Das Prinzip der Unternehmensberater

Präsentation, Storytelling, Trainings

Eine der zweifellos einflussreichsten Denkschulen im Umfeld von Business-Präsentationen ist das pyramidale Prinzip. Seit Barbara Minto den Klassiker „The Pyramid Principle. Logical Writing, Thinking and Problem Solving“ 1981 veröffentlicht hat, ist es nicht mehr aus der B2B-Kommunikation wegzudenken.

Lars Plickert, Strategischer Berater, Kommunikationsexperte und Trainer bei K16 schreibt an dieser Stelle über seine Workshop-Erfahrungen und gibt Tipps für die Praxis.

Der Ursprung der Kommunikationspyramide

Um das pyramidale Prinzip zu verstehen, hilft es sich anzusehen, wie die Methode entstanden ist: Barbara Minto gehörte in den 1950er Jahren zu den ersten weiblichen Havard-Absolventinnen und zu den ersten Management Consultants bei McKinsey. Um in Strategiepräsentationen vor Top-Entscheidern schneller auf den Punkt zu kommen und somit die Erfolgsquote beim Kunden zu erhöhen, entwickelte sie einen damals völlig neuen Kommunikationsansatz: das pyramidale Prinzip.

"Ich schreibe einen langen Brief, weil ich keine Zeit hatte, einen kurzen zu schreiben."

Johann Wolfgang von Goethe

Während Kommunikation bis dato stärker nach dem wissenschaftlichen Prinzip aufgebaut war, in dem aus einer breit angelegten Analyse Schritt für Schritt ein Ergebnis entwickelt wird, das vom Allgemeinen zum Besonderen führt, drehte sie das Prinzip um: In der Pyramide steht das wichtigste oben, beziehungsweise am Anfang. Von dort aus entwickelt sich die Argumentation in logischen Gruppen oder logischen Ketten – auf die Begriffe gehen wir später noch detaillierter ein.

In erster Linie ist die Pyramide ein Argumentationsgerüst, in dem die Argumente und Fakten in einer Ordnung auf die Spitze der Pyramide hin ausgerichtet sind. Der Sinn im Zusammenhang einer Business-Präsentation ist evident: Statt mit dem Wichtigsten bis zum Schluss zu warten, ist es wirkungsvoller, direkt mit der Kernbotschaft zu beginnen. Denn am Anfang ist die Aufmerksamkeit des Publikums am höchsten.

Gleichzeitig wird das Publikum versuchen, die Dinge in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Die Pyramide hilft dem Präsentator, seine Gedanken sinnvoll vorzutragen – und dem Publikum, die Gedanken des Vortragenden nachzuvollziehen.

Induktive und deduktive Erzählweise

Wolfgang Hackenberg und Carsten Leminsky verdeutlichen das in ihrem mittlerweile zum Standardwerk avancierten Buch „Key Message. Delivered“ (Haufe 2017) an einer Gegenüberstellung der Erzählweisen der Kriminalstorys von Miss Marple und Inspector Columbo.

Die Erzählweise eines Miss-Marple-Krimis arbeitet induktiv: Das Rätsel wird Schritt für Schritt geknackt. Die Kriminalstorys von Inspector Columbo arbeiten dagegen deduktiv: Am Anfang werden bereits Mord und Mörder gezeigt. Der Hypothese zu Beginn folgt dann Schritt für Schritt die Auflösung und Beweisführung.

Pyramidale Kommunikation heißt Klarheit schaffen

Das pyramidale Prinzip ist übrigens eine Übung im Denken und Schreiben, mit der ihr nicht bis zur nächsten Präsentation warten müsst. Probiert es doch einfach mal mit der nächsten Mail: Wie wäre es, mit eurer Kernbotschaft zu starten und dann eure fünf wichtigsten Argumente anzuführen, die eure Kernaussage stützen? Eure Leser werden so viel Klarheit sicher goutieren.

Wie aus dem pyramidalen Aufbau eine gute Präsentation wird

Eine Pyramide ist ein Prozess der Aneignung eines Themas – erst der letzte Schritt findet in PowerPoint statt.

Wie erstelle ich nun eine Präsentation nach dem pyramidalen Prinzip? In meinem Blogbeitrag „Get the Basics Done“ beschreibe ich die Entwicklung einer Präsentation als Prozess. Einen durchaus vergleichbaren Weg schlagen die pyramidalen Kommunikationsberater Wolfgang Hackenberg und Carsten Leminsky in ihrem Standardwerk „Key Message. Delivered.“ vor:

  1. Pyramide verstehen

  2. Aufgabe definieren

  3. Aufgabe strukturieren

  4. Adressat analysieren

  5. Botschaft definieren

  6. Pyramide entwickeln

  7. Präsentation visualisieren

Auch Wolfgang Hackenberg und Carsten Leminsky starten mit der Klärung der Zielsetzungen und der Zielgruppen und der Entwicklung einer Kernbotschaft. Nach den pyramidalen Denkern ist die Kernbotschaft eine klare Aussage, die den relevanten Punkt in einem Satz mit Subjekt, Prädikat, Objekt zusammenfasst.

Von der Spitze zum Fundament

Von dieser Spitze aus wird nun die Pyramide entwickelt: Für die Einführung wird eine Hinleitung nach dem Prinzip der Situation-Complication-Kernfrage vorgeschlagen, die auf die Kernbotschaft hinleitet (Pull-Effekt). Mit der Kernbotschaft beginnt der Hauptteil der Präsentation. Hier sieht die Pyramide zwei Argumentationsmuster vor.

Die logische Gruppe besteht aus zwei bis fünf gleichförmigen Argumenten, die die Kernaussage von unterschiedlichen Seiten aus stützen (warum, wie, was). Aufgeführt werden Begründungen und Aktionen, die die Kernaussage unterstützen. Die logische Kette bildet dagegen einen Denkprozess ab, bei dem das „Was“ und „Warum“ detailliert erläutert wird. Der Zuhörer wird im Prozess stärker mitgenommen. Gleichzeitig ist die Kette anfälliger, wird eines der Argumente widerlegt.

Über diesen Weg wird die Gesamtargumentation mit logischen Ketten und logischen Gruppen in Form einer Pyramide Schritt für Schritt aufgebaut. Die Aussagen und Argumente werden dabei in ganzen Sätzen ebenfalls mit Subjekt, Prädikat, Objekt formuliert. Ganz entscheidend ist dabei die logische Qualität dieser Aussagen. Ihr könnt diese Qualität nach dem sogenannten MECE-Prinzip (mutually exclusive and collectively exhaustive) bestimmen, nach dem die Aussagen gleichartig, überschneidungsfrei, treffend und erschöpfend sein sollten.

Die Pyramide entwickelt ihr optimalerweise auf einer Metaplanwand oder einem Whiteboard. Erst im letzten Schritt transferiert ihr das logische Gerüst visuell in eine PowerPoint-Präsentation.

"Good ideas ought not to be dressed up in bad prose."

Barbara Minto

Der Praxiswert des pyramidalen Prinzips

Stellt sich die Frage, was taugt das Pyramidale Prinzip in der Praxis? In vielen Gesprächen mit Kunden spüre ich die Kraft, die von der Argumentationslogik der Pyramide ausgeht und dass sie viel Sicherheit und Klarheit gibt.

Als Teil der Kreativbranche bin ich zwiegespalten. Einerseits ist eine logische Denkmethode wie das pyramidale Prinzip in Zeiten von Fake News und medialer Oberflächlichkeit wohltuend seriös und rational. Andererseits erscheint mir gerade eine allzu mechanische Anwendung der Pyramide, wie sie mir in Diskussionen in den Workshops und in Kundensituationen schon oft begegnet ist, unnötig einschränkend. Dazu gehört die Regel, dass jede Folie eine Headline mit Subjekt-Prädikat-Objekt haben muss. Das gehört für mich eher in den Bereich von Entscheidungsvorlagen und Leseunterlagen.

Auf der Bühne vor Menschen sind ohnehin andere Wirkweisen viel wichtiger. Das Phänomen Martin Luther King und seine weltverändernde und identitätsstiftende Rede „I have dream“ ist sicher nicht mit dem pyramidalem Prinzip erklärlich. Genauso wenig wie Steve Jobs berühmte 2007er-Keynote zur Einführung des iPhone.

Gleichzeitig sollte jeder, der mit Präsentationen arbeitet, die Denkweise der Pyramide kennen und sei es, um seine Argumente und Botschaften noch klarer herauszuarbeiten. Denn mit einem hat Barbara Minto sicherlich recht: gute Ideen brauchen keine Verkleidung und kein Chichi, sondern wirken umso stärker, je einfacher und klarer sie formuliert sind.

Mehr lesen

Dieser Blogbeitrag war spannend für euch? Folgende Blogbeiträge könnten euch auch interessieren. Einige sind noch in Vorbereitung. Bleibt auf dem Laufenden!

Lars Plickert, Storytelling-Experte und Trainer bei K16

Über Lars und seine Arbeit bei K16

Ich bin seit 2005, nur unterbrochen durch einen kurzen Ausflug in die Gründerszene, bei K16 und betreue heute als Strategischer Berater und Kommunikationsexperte Unternehmenskunden aus praktisch allen Branchen. Dazu gehören Projekte der Change-Kommunikation, der Markenentwicklung und Kommunikation im Rahmen von Events. Ein Medium, an dem man bei K16 dabei definitiv nicht vorbeikommt, sind Präsentationen. Aus meiner Sicht eine der schönsten und wirkungsvollsten Kommunikationsformen überhaupt, weil sich hier Themen unmittelbar und persönlich mit Menschen verbinden. In Workshops und Trainings berate ich Kunden dabei, wie sie die Geschichten für ihr Präsentationsthema − oft sind das komplexe B2B-Themen − in wirkungsvolle Präsentationen übersetzen und dabei auf der Bühne vor Publikum bestehen. In diesem und den folgenden Blogbeiträgen, möchte ich Erkenntnisse aus diesen Trainings und meiner Arbeit in Kundenprojekten teilen.

Bei Fragen, Anmerkungen und Anregungen freuen wir uns auf Ihre E-Mail an kontakt@k16.de oder über Ihre Nachrichten per Kontaktformular.

Mit welcher Botschaft möchten Sie überzeugen?